Ulaanbaatar und der Verkehr

Dezember 24th, 2019

Das Thema Verkehr in Ulaanbaatar hatten wir schon mal im Jahr 2011, leider ist da nichts Grundsätzliches passiert, die Entwicklung ist nur weitergegangen. Weitergegangen bedeutet in dem Fall, es sind deutlich mehr Autos in der Stadt unterwegs, die PKW sind noch größer geworden, die Staus sind länger und die Busse gelten nach wie vor als hässliches Verkehrsmittel für die ärmeren Bewohner der Metropole. Das alles trotz riesiger Investitionen in das Hauptverkehrsstraßennetz. Es sind neue vier- und sechsspurige Trassen gelegt worden, die aus der Stadt herausführen sollen, es gibt Verkehrsknoten in 3 Ebenen und einige Hochstraßenabschnitte im Zentrum, die Anzahl an zusätzlichen Bewohnern und mehr Fahrzeugen haben aber alles das schon längst wieder aufgefressen. Das Grundproblem, die Modernisierung des öffentlichen Nahverkehrs ist nicht angepackt worden. Nach wie vor sind ziemlich unmoderne Busse der einzige Träger des öffentlichen Nahverkehrs. Meist stehen sie trotz gelegentlicher Busspuren genauso im Stau wie die SUV des Individualverkehrs, sie klappern, sind spartanisch ausgestattet, im Sommer heiß und im Winter kalt. Die Verantwortlichen in Regierung und Stadtverwaltung, palavern nach wie vor von einer sogenannten Vollmetro nach japanischem Vorbild für die Stadt und vergessen dabei wohl gelegentlich, dass Ulaanbaatar nicht Tokio ist. Im öffentlichen Nahverkehr will man hier eine Hochtechnologielösung und weil die Illusion ist, bleibt man halt auf dem Niveau einer zentralafrikanischen Stadt. Ein zaghafter Versuch eine S-Bahn aufzubauen ist leider auch kläglich gescheitert. Viel zu schwere Züge auf einer eingleisigen Strecke an der kaum einer wohnte, ein Trauerspiel diese Geschichte mit durchaus guter Absicht aber unglaublich viel Dilettantismus. Die einzig machbare Alternative, ein modernes oberirdisches System auf Schiene, also landläufig bezeichnet eine Straßenbahn, wurde von den Politgrößen in Stadt und Regierung immer als unangemessen abgetan und nie ernsthaft untersucht und das, obwohl die Voraussetzungen recht günstig sind. Die Hauptachse in Ost-West Richtung, die Enchtaiwan Straße, verfügt über weite Strecken über den Platz eine Gleislage in Mittellage separat vom Straßenverkehr zu führen. Im Bereich des unmittelbaren Stadtzentrums, südlich vom Suchebaatar Platz könnte man ohne großen Aufwand in offener Bauweise eine halben Kilometer Gleis unter der Erde verschwinden lassen und damit drei bis vier Kreuzungen egalisieren und eine attraktive Haltestelle unterirdisch anordnen. Alles machbar und in wenigen Jahren einsatzbereit. Elektrisch mit recht billigem Strom betrieben, würde man über kurz oder lang sogar Kosten gegenüber den Bussen mit alten Dieselmotoren sparen und wäre auch im Winter immer im Vorteil. Aber was machen die Verantwortlichen, sie stecken Geld und Zeit in Studien über Metrosysteme, lassen Hochstraßen bauen, die an einer Kreuzung enden, die sowieso schon immer überstaut ist und sorgen dafür, dass sich auch der letzte Bewohner dieser Stadt ein schrottreifes Importauto zulegen kann, zumindest tun sich nichts dagegen. Die PKW Kilometer pro Einwohner Quote ist so hoch wie kaum in einer anderen Millionenstadt dieser Erde und wer kein eigenes Auto hat gilt schon als abgehängt, obwohl Autofahren in UB schlechthin als krankmachender Stress gilt. Neulich konnte man es sogar hierzulande nachlesen, in einer internationalen Studie des Autoteilelieferers „Mister Auto“ belegt Ulaanbaatar Platz 2 der schlimmsten Städte für Autofahrer, weltweit, nach Mumbai. Die Versuche den PKW Verkehr etwas zu unterdrücken sind ebenso hilflos wie unsinnig. So muss man einmal pro Woche sein Auto für einen Tag stehen lassen, wann das ist entscheidet das Autokennzeichen, wer es sich leisten kann hat deshalb ein zweites Kennzeichen oder einfach noch ein Auto. In der Oberschicht kommt man dadurch wenigsten mal dazu alle Autos aus der Garage zu bewegen. Wem das alles nicht vergönnt ist, der ruft einen Bekannten an und der chauffiert einen dann doch noch dahin wo man hin wollte. Demnächst soll die KFZ Steuer dramatisch erhöht werden, vermutlich wird das aber kaum jemanden abhalten, die Sehnsucht ein eigenes Auto zu haben ist wohl zu stark ausgeprägt. In dieser Beziehung ist der Bewohner von UB auch eher ein Landei als urbane Elite. Das eigene Auto, als Ersatz für das eigene Pferd, muss vor oder unter dem Haus stehen, auch wenn es eigentlich enorme Kosten und gewaltigen Stress bedeutet. Selbst das Wohnen im zwanzigsten Stock eines Hochhauses im Zentrum hält davon nicht ab, obwohl es für den gemeinen Städter nur selten einen Grund gibt die Grenzen der Metropole zu verlassen. Die Verwandtschaft wohnt in der Regel auch da, geschäftlich spielt sich eh alles in der Hauptstadt ab und in Urlaub fliegen die meisten sowieso zu ferneren Zielen. Bleibt als eine der wenigen Gründe das gelegentliche Picknick am Wochenende im weiteren Umland. Fakt ist aber auch, dass der große Teil der Bewohner dieser Stadt erst dann auf den öffentlichen Nahverkehr umsteigen wird, wenn er diesen auch als moderne Alternative wahrnehmen kann. Davon sind die alten ungemütlichen Busse von denen man nie weiß wann sie überhaupt fahren, meilenweit entfernt. Wie eingangs erwähnt, der Beitrag von 2011 zum gleichen Thema wäre eigentlich kaum umzuschreiben gewesen, werden wir 8 Jahren das Thema nochmal aufgreifen, vermutlich wird man dann diesen Text wiederverwenden können. Sollten die Verantwortlichen doch noch zur Vernunft kommen und ihre japanischen Metro Phantasien zu Gunsten von ein paar Straßenbahnkilometern zumindest auf Eis legen, dann könnte es vielleicht doch noch klappen mit ein bischen mehr Lebensqualität für den Großteil der Bewohner dieser Stadt.

Der Hunnu Rock kommt

August 28th, 2019
Im Sommer spielte The Hu auch auf großen Bühnen in Europa

Mongolischer Folk Rock ist seit Altan Urag, und das ist schon über zehn Jahre her, ein ernstzunehmendes Angebot. Selbst Altan Urag brachte es schon zu einer gewissen internationalen Popularität, was aber The Hu hier jetzt gelandet haben ist ein echter Cup. Mit zwei Videos im Angebot haben sie es bei Youtube zum Stand heute auf 40 Millionen Klicks gebracht, ohne je eine CD veröffentlicht zu haben. Sie standen schon bei insgesamt 20 Millionen Klicks, da hatte noch nicht mal ein ernsthaftes Konzert stattgefunden. Gut das mit den Konzerten sieht jetzt anders aus, eine Europatournee ging über etliche Länder und Stationen und die Nordamerika Tour ist für den Herbst angesagt.

Wie schafft man Millionen Klicks wenn man in Ulaanbaatar sitzt und für die meisten Mongolei und Rockmusik überhaupt keinen Sinn ergeben, vielleicht gerade deshalb? Verdient haben diese beiden Videos auf jeden Fall diese Popularität, aber auch die mongolische Folk Rock Szene überhaupt hat eine Qualität, die weit über ein nationales Interesse hinausgeht. Begonnen hat es wie schon gesagt mit Altan Urag und die sind auch eine der Wurzeln auf die sich The Hu berufen. Das was The Hu den Hunnu Rock bezeichnen, gab es schon in vielen Titeln von Altan Urag in ähnlicher Form. Andere haben es kopiert oder weiterverwendet, aber kommerzieller Erfolg war bisher keinem damit beschieden. Die Folk Rock Fangemeinde in der Mongolei ist sehr überschaubar und im Ausland googelte bislang kaum jemand nach diesen Schlagworten. Schade eigentlich, denn hätte er es getan wäre er bei Altan Urag gelandet und hätte damit auch schon etwas Besonderes geboten bekommen.

Die meisten Ausländer kannten Altan Urag sicher von einem der zahlreichen Live Auftritte in einer der Kneipen von UB. Dort spielte man meist so ein zwanzig Minuten Minikonzert, das aber schon erahnen lies, was in dieser Band wirklich steckt. The Hu sind es anders angegangen, zuerst wurden die besagten zwei Videos produziert und dann hat man diese recht professionell im Internet platziert. Es reichte, dass zwei, drei Kommentatoren sich die Videos als Reaction Video vornahmen und ihre Verwunderung darüber kundtaten, dass in der Mongolei Rockmusik produziert wird. Andere folgten und ratz fatz hatte man Klicks im Millionenbereich, was wiederum Musikjournale dazu veranlasste zu titeln, dass Rocker aus der Mongolei Millionen Views erzeugt hätten. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch schon eine Europatournee geplant und neue Titel waren in der Produktion. Das Management lag auch schon bei Profis in Europa und die Musikpresse hierzulande war eingebunden.

Nach einem kleinen Konzert zum warm Spielen in Berlin, war auch der erste große Knaller gleich das Doppelfestival Rock im Park und Rock am Ring. Hier ging das Publikum schon richtig mit und für viele schienen sie schon keine gänzlich Unbekannten mehr zu sein. Die nächsten großen Konzerte auf Festivals zum Beispiel in Belgien, Frankreich oder Tschechien liefen auch nicht schlecht und ehe man es sich versah, waren Videos von diesen Live Auftritten und weiteren bis dato unbekannten Titeln im Internet unterwegs. Die Ankündigung der ersten CD war dann vom Zeitpunkt her auch gut gewählt. Was macht aber diesen Sound für Leute auf der ganzen Welt so interessant? Die traditionelle mongolische Musik ist einfach so nahe an dem was man moderne Rockmusik nennen würde, dass eine Verbindung zu dieser überhaupt nicht schwer fällt. Der Obertongesang ist Hard Rock pur und die Pferdekopfgeige bringt den Crossover zur Perfektion.

Das die Band keine Eintagsfliege ist zeigt schon das dritte echte Video, zwischendurch kam mal mit „Shoog Shoog“ nur eine Vocal Version, also ein wieder recht aufwendig produziertes Video zu „Der große Dschingis Khan“. Eine halbe Million Views in 5 Tagen, das muss man erstmal hinbekommen. Die Titelseite des Musikmagazins SLAM sollte man auch noch erwähnen und die erste CD wird im September weltweit zu erhalten sein. Im Herbst des Jahres kommt dann eine wirklich große USA und Kanada Tour dazu. Bleibt zu wünschen, dass im Windschatten von The Hu auch das eine oder andere mongolische Musikprojekt den Zugang zum internationalen Markt bekommt, verdient hätten es einige.        

Versteppung, Überweidung, Ausbreitung der Wüste???

August 6th, 2019
vor ein paar Jahren war hier noch die typische Kurzgrassteppe vorherrschend

Die gängigen und allgegenwärtigen Klischees zur Mongolei betreffen nicht mehr nur die Lebensweise der Viehzüchter, als sozusagen die letzten Nomaden dieser Erde, sondern mittlerweile auch andere Bereiche des Lebens.

Persönlich halte ich nicht allzu viel von der Verbreitung der Mongoleiklischees, weil sie bei genauerem Hinsehen oft nicht zutreffen oder nur zu einem Teil die Realität abbilden. Das geht eigentlich schon bei dem zitierten letzten Nomaden los, der zum Beispiel im Changai zwei, dreimal im Verlaufe eines Jahres den Standort seiner Jurte wechselt und dabei kaum drei Kilometer zurücklegt, wohlgemerkt immer auf die gleichen Plätze die er schon seit Jahren dafür nutzt.

Das Klischee, das ich hier mal aufgreifen möchte, beschäftigt sich aber mit einem moderneren Problem. ein Thema in dem sozusagen der Zeitgeist dankbar immer wieder und oft medienwirksam die Überweidung, Versteppung oder gar die drohende Wüstenbildung in der Mongolei aufgreift. Ich habe lange überlegt, ob ich meine Beobachtungen dazu aufschreibe, gleichwohl es eben nicht die Beobachtungen sind, die die internationalen Medien so gern weiterkopieren und die auch in der Mongolei eifrig gepflegt werden und die sich so schön einbauen lassen, in die Geschichte der Zerstörung der Natur durch die Zivilisation. Natürlich können mich meine, zugegeben subjektiven Beobachtungen, auch täuschen und vielleicht gibt es auch Wissenschaftler, die sich jetzt tatsächlich entsetzen darüber, aber wenn man mal die Veröffentlichungen hernimmt, die diese Versteppung immer wieder beteuern, da wird auch einfach nur etwas behauptet, bzw. wird abgeschrieben, was jemand irgendwann gemeint hat. Insofern glaube ich meine eigenen Beobachtungen sind da  ein nicht viel schlechterer Beleg für eine Gegenthese.

Meine Eindrücke stützen sich dabei auf den Vergleich bestimmter Orte, die ich auf den Touren über die Jahre immer wieder besucht habe und auch auf den Vergleich von Fotos über die Jahre geschossen. Diese, so mein Eindruck, bestätigen die offizielle These nicht. Ich glaube auch, dass es objektive Gründe gibt, warum das eigentlich so pauschal nicht stimmt. Da ist zum einen das Sommerwetter der letzten Jahre, wir hatten noch vor 10 Jahren wenig Probleme mit aufgeweichten Pisten und Landregen im Juli und August, ich kann mich kaum an einen Regen früher erinnern, der mal einen ganzen Tag angedauert hätte, heute sind diese langsamen Regen, wie man sie in der Mongolei bezeichnet einfach mit im Programm und der Himmel ist wahrlich nicht immer blau. Ich glaube auch mich zu erinnern, dass man in den mittelgroßen Flüssen des Nordens und des Changai eigentlich fast immer Baden konnte, heute führen sie oft das etwas trübe Wasser  nach ergiebigen Regenfällen. Kurzum es scheint zumindest so, dass die Steppe in der zentralen und nördlichen Mongolei im Moment genug Niederschlag bekommt als das man eine akute Zunahme der Wüste befürchten müsste. In der Zone der Gebirgswaldsteppe, also im Changai, dem Khentij oder allgemein dem Norden, deutet alles auf eine Zunahme der Vegetation hin. Als ein Beispiel würde ich mal eine Beobachtung aus diesem Jahr bemühen. Im südlichen Changai, zwischen Zuunbayan Ulaan und Bat Ulzij, haben wir noch bis vor ein paar Jahren nördlich des Passes auf Kurzgraswiesen die Zeltplätze aufgeschlagen, heute stehen an der gleichen Stelle Edelweiß, Nelken, Trollblumen und andere teilweise bis kniehoch und an den Waldrändern breiten sich erste Büsche aus. Hier kommt zu den Niederschlägen und der geringeren Sonneneinstrahlung noch ein anderer wichtiger Fakt hinzu, die Jurten sind weiter talwärts gezogen, nicht viel, aber soweit, dass das Mobilfunknetz des Kreiszentrums erreichbar geworden ist und mit den Jurten sind auch die Bergwiesen nach unten gewandert. Die sichtbare Konzentration der Jurten hin zu Wegen und zur Mobilfunkabdeckung ist unübersehbar. Sie führt sicherlich wiederum zu einer Überlastung der Weideflächen in diesen Bereichen, aber demgegenüber steht eine weitaus größere Entlastung anderswo.

Eine gleiche Beobachtung habe ich oberhalb des „Orchon“- eigentlich Ulaan Gol, Wasserfalles gemacht. Etwa 15 Kilometer oberhalb, auf der nördlichen Seite des breiten Tales stehen heute auch keine Jurten mehr dauerhaft und die Bergwiesen sind ein Blumenteppich. 

Dort wo die reine Steppe und die Gebirgswaldsteppe um die Dominanz ringen, also etwa nördlich der Hauptstadt in Richtung Selenge oder auch an solchen kleinen Gebirgen wie dem Khugene Khaan, kann man eine andere Erscheinung feststellen, die Birken als Pionierpflanzen in den unteren und Randlagen sterben ab und Kiefern ersetzen sie.

Ich will an Hand dieser Beispiele keine komplette Gegenthese zur Versteppungstheorie aufstellen, aber ich bin eigentlich davon überzeugt, dass umgekehrt der Prozess der Wüstenbildung nicht wirklich stattfindet. Es macht sich natürlich ganz gut, wenn die Regierung demonstrativ ihren Kabinettstisch auf den Rand einer Sanddüne stellt und dort medienwirksam eine Sondersitzung vorführt in dem die Mongolei als Opfer der Klimaveränderung anklagt, aber mit der Realität hat das definitiv nichts zu tun zumal die wenigen Sanddünen in der Gobi eher das Produkt von Wind, Temperaturschwankungen und geologischen Prozessen sind und weniger was mit fehlenden Niederschlägen zu tun haben. Wenn in der derzeitigen Situation in der Mongolei Schäden an der Vegetation zu beklagen sind, dann weniger durch das Klima als vielmehr die punktuelle Überweidung, aber die kann man getrost als begrenztes Problem sehen, denn im Moment folgt der Konzentration von Vieh an der einen Stelle in der Regel der Rückzug aus entlegeneren Lagen und das Interesse der Viehalter die Bestände weiter zu erhöhen sinkt mittlerweile auch wieder, weil der Absatz stagniert, nicht zuletzt, weil Hühnchen bei KFC und Pizza ohne Hammelfleisch auskommen.

Zum Wandern in die Mongolei

Januar 23rd, 2019

Die Mongolei als Reiseland klingt für Viele in erster Linie nach Exotik und fremder Kultur, demzufolge sind die Ansprüche der Reisenden im Allgemeinen danach ausgerichtet, möglichst viel von dem Land zu sehen und auch hierzulande bekannte Ziele aufzusuchen, die Gobi, den Khuvsgul See, Kharkhorin oder das Kloster Amayarbayasgalant zum Beispiel.  Solche Orte kennt man mittlerweile durch Berichte im Internet, TV Sendungen oder die eine oder andere Veröffentlichung in Zeitschriften. 

Da die Liste der bekannten und sogenannten Pictures Places länger wird, werden die Routen der gebuchten Reisen immer länger und die Touren aufwendiger. Man kann aber auch wieder einen kleinen Schritt zurückgehen, die Liste etwas kürzen und dafür länger an manchen Orten Verweilen. Eine Möglichkeit damit tiefer in die Landschaften einzutauchen ist das Wandern. Auf den ersten Blick vielleicht nicht das, was sich bei dem Gedanken an Mongolei aufdrängt, aber auf den zweiten durchaus eine Option. Trotz Steppenklischee und Bildern von der Wüste, die Mongolei hat ein Menge von top Wanderziele. Die zahlreichen Hochgebirge sind ideale Wanderrefugien aber auch die zentrale Steppe zwischen Ulaanbaatar und dem Changai ist durchzogen von namenlosen Mittelgebirgen die tolle Blicke, kleine Entdeckungen und unverbaute Landschaft bereit halten. Es gibt aber auch absolut spektakuläre Orte, wie den Khar Nuur, wo Sanddünenfelder vom blauen Wasser des Sees bis weit auf die Bergrücken der 3000 er reichen und selbst kleine Nadelwaldinseln anzutreffen sind. Die Acht Seen im südlichen Changai, in dem hochalpine Gipfel und dicht bewaldetes Mittelgebirge in einander fließen oder das Khaan Khuchi Gebirge am Khyrgas Nuur, in dem mitten in der Wüstensteppe Edelweißwiesen und Lärchenwälder ein Mittelgebirge mit Bächen hingemalt haben. Dazu kommen natürlich noch die großen Alpinerlebnisse, die Pyramide des Otgon Tenger mit seiner Schneekappe, die Schluchten im Gobi Altai oder die vergletscherte Turgenkette  im nördlichen Altai. Zu guter Letzt es gibt auch noch die einsamen und dichtbewaldeten Taigalandschaften in denen das Wandern echt zum Abenteuer wird, wie der Khentij am Asralt Chairchan oder der Ulaan Tagia an der Grenze zu Tuwa.

Es existieren eigentlich unzählige Möglichkeiten in der Mongolei interessante Wanderungen zu unternehmen, die allesamt mit einer Weite und Panoramen entschädigen, die hierzulande kaum zu erleben sind. Wer sich diese Möglichkeiten des aktiv seins nicht entgehen lassen möchte, der muss aber auf ein paar Pictures Places verzichten und den einen oder anderen Stopp auf seiner Rundreise einlegen. Man kann natürlich auch eine Reise so planen, dass man ein bestimmtes Wandergebiet auswählt und dann dort gleich mehrere Tage einplant. Problem ist dabei nur, wenn man für sich ein Fahrzeug mit Fahrer gebucht hat, dann zahlt man eben auch diese Zeit, ohne Fahrzeug ist es aber nicht so einfach in die meisten Wandergebiete zu gelangen. Es gibt Busverbindungen in  Bezirksstädte, von wo man auch starten könnte, Tsetserleg oder Bulgan sind da zum Beiespiel möglich, bis Erdenet könnte man sogar mit der Bahn fahren. Nach Ulijastai oder Ulaangom kann man fliegen und von Kharkhorin, wohin man recht einfach gelangt, kann man auch loswandern, viele Ziele erreicht man aber eben doch nur mit einem geeigneten Fahrzeug. Eine Ausnahme, die sich aber wirklich lohnt, bildet der Khentij nördlich Ulaanbaatar. Landet man mit dem Flieger in der Hauptstadt, also dort wo mehr oder weniger alle ankommen, hat man nur noch ein paar Kilometer mit dem Taxi zu bewältigen und die Urnatur beginnt. Zunächst sind die Täler nördlich von Ulaanbaatar noch besiedelt, die Bergkämme aber hat man schon für sich allein. Hier mischt sich auch noch Steppe auf den Südhängen mit Wald an den geschützten Nordflanken der Berge. Zwanzig Kilometer nördlich der eigentlichen Stadt, ist aber auch damit Schluss, Wald, Flüsse und strauchbedeckte Täler ermöglichen es eigentlich nur noch dem Wanderer oder Reiter weiter vorzudringen. So gesehen bildet dieses Wandergebiet, kaum mehr als die 8 Flugstunden von Berlin entfernt, gar kein so exotisches Ziel. Wer keine Angst vor Wäldern abseits der Zivilisation hat, kann hier ohne große weitere Organisation locker zwei Wochen Wanderurlaub absolvieren und das de facto zum Preis der Fluges, denn Geld ausgebeben kann man im Gebirge praktisch sowieso nicht. Das Zelt als Ausrüstung in die Lebensmittel am letzten Supermarkt vor der Stadtgrenze gekauft, stehen einem tausende Quadratkilometer Wanderrefugium offen.  Bisher nutzen nur wenige dieses Angebot der Natur, aber sicher auch deshalb, weil der Khentij hierzulande kaum behandelt wird. Um das Wandern in der Mongolei allgemein und nicht nur im Khentij, etwas bekannte zu machen, wäre noch ein Hinweis auf den Wanderführer Mongolei vom Panico Verlag gestattet. Zwar ist das Erscheinungsdatum schon etwas älter, aber für den Wanderer hat sich seitdem wenig geändert. Also, wer gern wandert und sich sowieso für die Mongolei interessiert, sollte vielleicht bei der Reiseplanung dem Aspekt ein bischen mehr Aufmerksamkeit schenken. Die Landschaften dort sind oft zu Schade um sie nur mit dem Geländewagen zu durchqueren und wer eigentlich nur ein richtig abenteuerliches Wanderziel sucht, der kann schon im Khentij auf seine Kosten kommen.                                     

Oft bietet es sich auch an Packpferde zu mieten

Die samstäglichen Partys auf der Seoul Gudamsch

November 2nd, 2018

An Samstagen im Sommer verwandelt sich die Seoul Gudamsch Straße in UB zu einer Fußgängerzone. Die Stadtverwaltung hatte diese Idee und mittlerweile ist das schon eine echte Tradition geworden. Die Autofahrer kennen mittlerweile ihre Schleichwege und tragen das Ganze recht gelassen mit. Die Seoul Straße ist ja auch so schon die Kneipenmeile in UB und hier findet man neben dem California, einem Ku Damm und dem ehemals legendären Brauhaus um die zwanzig weitere Kneipen und Restaurants. Wobei vom Brauhaus heute wirklich nur noch ein besserer Imbiss übrig geblieben ist, die Hauptsache der Räumlichkeiten dienen derzeit einem Jazz Cafe und einem Hotpot. An den Samstagabenden kommen da noch etwa 20 Street Food Wagen dazu, die scheinbar extra für dieses Event gebastelt worden sind, denn sonst sieht man solche Gefährte kaum in den Stadt. Es werden Bänke und Tische auf der Fahrbahn aufgebaut und die Wahl fällt wirklich schwer, zwischen italienisch, chinesisch, Sushi oder Bratwurst. Wem das nicht gefällt, die ansässigen Kneipen bauen ihre Tische an den Abenden auch noch ein Stück weiter auf die Fahrbahn. Ein bischen Live Musik gibt es auch immer noch und an Publikum mangelt es auch fast nie, klar, bei 1,5 Millionen Einwohnern in der Stadt, sind immer welche auf der Suche nach etwas Abwechslung. Touristen sieht man dagegen eher weniger, die kennen die Veranstaltung ja nicht und wandeln dann eher auf der vergleichsweise langweiligen Enchtaiwan Gudamsch und landen am Ende bei einer der dortigen Kneipen mit Wohnzimmer- oder Suppenküchenambiente. Ja, die Friedensstraße, wie sie übersetzt heißt, ist zwar die Hauptstraße der Stadt, aber eine Fußgängeroase ist sie bestimmt nicht und zeitgemäß ist dort auch nichts mehr.
Insgesamt, bei schönem Wetter, ist das samstägliche Event auf der Seoul Straße auch für Touristen wirklich einen Besuch wert. Gelegentlich gibt es dann zum Beispiel Massen Salsa und ein paar hundert Tänzer nehmen den Asphalt in Anspruch. Es wird dann richtig gemütlich mongolisch, zwar nicht so wie der Tourist sich das mongolische Landleben vorstellt, aber es hat dennoch Unterschiede zu den in Deutschland aus dem Boden sprießenden Street Food Veranstaltungen. Es geht einfach lockerer zu und das Publikum versucht nicht den Hipster rüberzubringen, die gibt es zum Glück im Mongolischen gar nicht, und in den ebenfalls lustigen Wagen will niemand den Sternekoch auf die Straße bringen. Geschmacklich ist auch nicht alles perfekt, aber bei den Preisen kann man auch mal was in die Tonne geben und sich etwas anderes holen. Man sieht dann auch, wie hier üblich, nicht wenige kleine Kinder zu später Stunde zwischen dem Feierpublikum. Da es nur Bier und keinen Dschingis Vodka oder andere mongolische Bretterknaller gibt, bleibt die Atmosphäre auch zu später Stunde gelassen und friedlich, anders als bei einer typischen Feier auf dem Lande, die selten ohne eine Schlägerei endet. Insofern sind mir persönlich Events in der Stadt immer lieber als die ethnisch korrekten Feiern auf dem Lande, wo immer jemand eine alte Rechnung offen hat oder ein falsches Wort der Grund dafür ist, dass die Vodka Stimmung in Handgreiflichkeiten mündet. Begonnen wird dort oft mit emotionalen Liedern, beendet aber allzu oft mit Jammergesängen. Auf der improvisierten Fußgängerzone der Seoul Straße sieht man also eher das Gegenteil davon, aber wie schon an anderer Stelle mal geschrieben, die Mehrzahl aller Mongolen lebt in dieser Stadt und so kann man zumindest nicht behaupten, hier wäre nicht die wirkliche Mongolei zu hause.

Das Kreuz mit dem Luftdrehkreuz

Oktober 18th, 2018

Die Diskussion über einen neuen Flughafen für Ulaanbaatar ist alt, eigentlich fast so alt wie das neue Gebäude am derzeitigen Flughafen. Wobei man gleich sagen muss, das Gebäude, bzw. die Infrastruktur am derzeitigen Hauptstadtairport  ist noch lange nicht an den Grenzen seiner Leistungsfähigkeit angekommen. Da könnten gut und gerne die doppelte Anzahl von Passagieren abgefertigt werden, ohne dass sich jemand bedrängt fühlen müsste. Wenn es eine Begründung für einen neuen Flughafen gibt, dann ist es einfach die Lage, und zwar die Lage einem Tal. Für den täglichen Betrieb bedeutet das ganz einfach, man kann nur von einer Seite hinein aber auch nur zur gleichen Seite wieder hinaus.  Da Flugzeuge die schlechte Eigenschaft haben, bei Rückenwind nicht starten zu können, kann man also in dem Fall nicht ausweichen, während man auf den meisten Flughäfen der Welt einfach die Startrichtung umdreht muss man in UB am Boden bleiben. Nun kommt aber auch noch hinzu, dass die MIAT als typisch mongolisches Unternehmen, immer mal hochfliegende Pläne hat. In dem Fall den vom Drehkreuz. Ganz abwegig ist das nicht, immerhin liegt Ulaanbaatar recht günstig und jeden Tag fliegen hunderte Flieger von Europa nach Asien über die Mongolei, aber dazu braucht man eben mehr als die bisherigen 6 Flugzeuge. Praktisch sehe das so aus, der Flieger aus Berlin erhält am Morgen in Ulaanbaatar Anschluss an den von UB nach Tokio und der Berliner ist damit mindestens  drei Stunden kürzer von Berlin nach Tokio unterwegs als wenn er über Frankfurt fliegt. Könnte schon jetzt so funktionieren, wenn die Anschlüsse da wären und es einen funktionierenden Transitbereich geben würde, aber genau den gibt es nicht. UB ist genau wie Tegel als Endstationsflughafen gebaut worden, d. h. man ging davon aus alle wollen hier hin oder fliegen hier ab, Umsteiger ausgeschlossen. Einen so bestehenden Flughafen auf Transitverkehr umzubauen geht praktisch so gut wie nicht, also muss ein neuer her.

Die Entscheidung dazu wurde schon 2009 getroffen, allerdings passierte  dann eine ganze Weile gar nichts. Im September 2013 wurde dann aber wirklich mit den Bauarbeiten begonnen. Unter japanischer Leitung begannen hauptsächlich chinesische und koreanische Firmen einen Wettlauf mit der Zeit. Der Flughafen sollte Ende 2016 fertig sein, es gab auch monatlich Berichte auf der eigens eingerichteten Webseite dazu und es war dann tatsächlich so, im Januar 2017 war er baulich fertig.  3600 Meter Betonlandebahn, ein hochmodernes  Abfertigungsgebäude mit 6 Anlegern und genügend Vorfeldplätzen, Feuerwehrgebäude, Parkplätze, alles da, was fehlte, war eine Straßenanbindung. Dafür hatte der mongolische Staat sorgen wollen, was in diesem Fall nicht ganz geklappt hatte. Vierzig Kilometer Autobahn sind eben auch noch ein ganz schöner Brocken. Von nun ab verschob sich die Eröffnung im Halbjahrestakt, die Straße war aber wenigstens im Bau. Ende 2017 macht man dann wohl mal den Check, wie man den Betrieb umlegen könnte, dabei kam heraus, dass kaum Personal vom alten Flughafen bereit war auch in dem neuen zu arbeiten, der Grund war ziemlich simpel, kaum einer wollte für den Lohn jeden Tag drei Stunden im Auto verbringen um dahin und wieder zurück zu gelangen. Es gab außer dem Flughafengebäude und dessen Anlagen nicht mal eine Jurte im Umkreis von 20 Kilometern. Damit wurde wohl auch den Politikern klar, dass zu einem Flughafen neben technischen und baulichen Anlagen auch Personal gehört und zu denen auch eine Wohnung und wenn die aber 50 Kilometer entfernt liegt der Anreiz dort zu Arbeiten relativ gering ist. Gerade die vielen Kleinverdiener, die auch an so einem Flughafen gebraucht werden, wären ja völlig uninteressiert gewesen. Nun hätte es in der Mongolei eine schnelle mongolische Lösung geben können, Flächen zuteilen und Jurten aufbauen, aber das wollte verständlicherweise auch der Staat nicht, eine Jurten Siedlung als erstes Bild beim, Landeanflug.  Fazit es muss eine Lösung her, ohne Jurten, also eine neue Stadt und man wäre nicht in der Mongolei, wenn die nicht gleich für einhunderttausend Einwohner geplant würde. Seit ein paar Monaten buddelt und betoniert man wieder am Flughafen, diesmal für die neue Stadt. Eröffnung des Flughafen soll nun im August 2019 sein, vermutlich werden da auch die ersten Wohnungen bezugsfertig sein, ob es dann jemals zu der einhunderttausend Einwohner Stadt kommen wird bleibt fraglich, aber eine eigene Kleinstadt wird es schon werden und wenn dann die MIAT die Vorstellungen vom Drehkreuz in die Tat umsetzt, dann heißt es vielleicht wirklich mal Berlin-Tokio oder Seoul via ULN und wenn man mal doch seinen Anschluss in UB verpasst übernachtet man im Hotel in der neuen Flughafenstadt, mitten in der Steppe.

 

Zwischen Zach und Luxus Mall – Einkaufen in UB

Oktober 12th, 2018

Wie sich diese Stadt in den letzten Jahren oder sogar Jahrzehnten verändert hat, kann man am Beispiel des Handels gut sehen, sozusagen Wandel im Handel. Bis zur politischen Wende 1990 spielte sich der legale Einkauf in großen staatlichen SB Kaufhallen ab, in denen die Regale zwar lang, aber auch relativ leer waren. Dann kam die Wende und mit ihr die Stunde der Kioske und Container. Ganze Containermärkte entstanden, wo man meist eine Art Trennung in „Fachbereiche“ und relativ schnell auch eine größere Auswahl finden konnte. Der Kiosk an der Straße war eher so die Bude für alles. In vielen ehemaligen Kaufhallen bildeten sich relativ bald private Stände, die schon auch ein bischen Luxus anboten. Die ersten, sagen wir mal Einzelhandelsgeschäfte, entstanden folgerichtig in Erdgeschoßwohnungen auf der Friedensstraße. Mit denen kamen dann auch andere Waren als Lebensmittel in Größenordnungen auf den Markt, die gab es vorher praktisch nur im Ich Delguur, dem großen staatlichen Warenhaus. Was auf der Friedenstraße ganz gut lief, so dachten manche Kleinstunternehmer, kann in den Wohngebieten auch klappen. Läden in Kellern oder im Wohnzimmer waren das Resultat. Heute sieht man davon nichts mehr. Die Läden auf der Friedensstraße gibt es immer noch, teilweise durch Vorbauten erweitert und etwas aufgepeppt. Wirklich große Konkurrenz bekamen viele Händler der ersten Stunde mit der Eröffnung des neuen Zachs, des offiziellen Schwarzmarktes sozusagen. Der Naarantuul Markt bot ein relativ sortiertes, kaum überschaubares Angebot und das zu günstigeren Preisen als die Geschäfte der Innenstadt. Ein Dach gegen Regen war auch da und so war es zumindest zum Anfang ganz akzeptabel dort Einzukaufen. Die Containermärkte verschwanden damit als erste wieder von der Bildfläche, denen folgte irgendwann mal auch der größte Teil der Kioske. Der Zach, die Läden in der Innenstadt, das Ich Delguur und die ersten kleinen Supermärkte, eher Minimärkte, hatten das Geschäft unter sich aufgeteilt. Letztere bildeten auch erste Ketten mit Filialen und gleichem Sortiment zu gleichen Preisen. Die Stunde der großen Supermärkte schlug aber auch bald, mit den ersten Nomin Filialen. Fast zeitgleich kamen auch erste Warenhäuser, die dem Ich Delguur Paroli bieten wollten. Mit Rolltreppen, Fahrstuhl und ein wenig Ambiente zog die Moderne in den Handel von UB ein. Die Max Mall war dann wohl das erste Einkaufszentrum, das man so nennen kann. Bei den Supermärkten entstanden mit Orgil und Sansar echte Marktführer, die heute mit jedem deutschen Supermarkt mithalten können, von den kleinen aus der Anfangszeit sieht man fast gar nichts mehr. Bei den kleinen Läden und Boutiquen in der Innenstadt gehen die Veränderungen sichtbar am langsamsten. Viele sehen noch so aus wie vor 20 Jahren, einige machen ein wenig auf schäbige Eleganz, nur selten wird mal was wirklich modernisiert. Ganz anders bei den Shopping Malls, jedes Jahr kommt mindestens eine neue hinzu. Man will sich da förmlich übertreffen und schreckt auch nicht vor einer Ganzjahres-Eisbahn zurück, wie in der Hunnu Mall. Einige, wie die Shangri La oder Central Tower, koppeln sich aber selbst von einem großen Teil der Kunden ab, indem sie nur Luxusartikel im Programm haben. Einkaufsvergnügen für Oberschichtler, wo selbst die meisten Touristen überfordert sind. Aber da zeigt sich eben das typische der mongolischen Moderne, man geht wenn man sehr aufs Geld schauen muss, seine Kleidung oder den Fernseher unter den staubigen Dächern des Zachs kaufen oder man flaniert durch die Markenläden einer Mall und setzt sich zwischendurch zum Cappuccino ins Cafe. Die wirtschaftliche Entwicklung der nächsten Jahre wird wohl darüber entscheiden, ob es den Zach in ein paar Jahren noch geben wird. Im Moment sieht eher wieder mal so aus, dass man dieses Kapitel des mongolischen Handels bald hinter sich lässt.

Luxus Mall Shangri La

Kohle machen mit der Kohle

September 23rd, 2018

Wenn man mal ganz realistisch betrachtet, womit man so in der Mongolei am schnellsten Geld verdient, dann kommt man nicht auf das Gold, nicht auf Kupfer, auch nicht auf Cashmere oder gar Tourismus, nein es ist die hierzulande totgesagte Kohle. Die Kupfermine Oyu Tolgoi läuft zwar, aber die prognostizierten riesigen Auswirkungen auf Wirtschaft und Steuern bleiben weit zurück, es wird zwar fast jeden Tag eine neue Goldmine aufgenmacht, aber es sind immer nur eine handvoll Leute die da mitmischen und Steuern bei Gold? Das sickert eher so irgendwo durch. Ohne jahrzehntelange Verhandlungen, so kaum bemerkt von der Öffentlichkeit ist aber Tawan Tolgoi, das wohl größte Kohlevorkommen auf dieser Erde in Betrieb gegangen. Hätte man nicht in den Nachrichten vom größsten Stau der Welt gehört, 180 Kilometer LKW Schlange in der Gobi, hätte man wohl kaum eine Vorstellung davon, was da täglich an Kohle aus der Mongolei nach China unterwegs ist. Kohle ist nach wie vor der Energieträger für die Stromerzeugung aber auch in anderen Bereichen der Schlüsselindustrie unabdingbar. China, zweifellos die Fabrik der Erde braucht viel Kohle und die liegt in der Mongolei knapp unter der Grasnarbe, in bester Qualität und es müssen keine Siedlungen, Wälder oder Straßen weichen, man schiebt nur den Schotter der Wüste beiseite. Schaut man sich den Preis aller in der Mongolei verfügbaren Bodenschätze an, so ist auch derzeit die Tendenz bei der Kohle am steilsten nach oben. Bei 72 USD pro Tonne liegt der Preis jetzt im September und damit noch deutlich über dem 5 Jahreshoch. Der Anteil der Lohnkosten ist auch bei der Kohleförderung deutlich höher als bei Gold, Kupfer oder neuerdings Öl. Das heißt, es sind mittelbar und unmittelbar relativ viele Leute beteiligt und das Geld, was damit verdient wird findet sich relativ schnell im Kreislauf von Ausgeben und Einnehmen. So richtig gut könnte das Geschäft für den Staat werden, nämlich wenn er endlich die für Oyu Tolgoi schon lange zugesagten Kohlekraftwerke in der Südgobi bauen würde und dann den Strom verkaufen würde, aber auch bei der Kohle, die jetzt über die Grenze geht, verdient der Staat ganz gut, einen Kohle LKW kann man kaum am Zoll vorbei außer Landes schaffen. Im Gegensatz zu Kupfer oder Gold kennt man aber auch kaum die Kohlebosse, sie wirken eher unerkannt stehen lange nicht so im Fokus wie die Leute von Oyu Tolgoi. Kohle ist für den Mongolen eben sowas wie Feuerholz, viele brauchen es selber, es eben so da und man muss es einsammeln. Kürzlich fand in UB eine interntionale Kohlekonferenz statt, man ist also auch ganz intensiv daran, die Situation für alle Beteiligten weiter zu verbessern. Bis vor kurzem sah es zumindest für den Laien so aus, dass die Kohle in der Mongolei außer Mode kommen würde. Die Regierung wollte den internationalen Meanstream bedienen und sprach nur noch von Wind und Solarenergie, die ja bekanntlich auch in der Mongolei nachts nicht vorhanden sind und das bei einem fast Inselnetz, bei dem schon geringste Angbotsschwankungen zu Totalchaos führen können, die Stadtrandbewohner von UB sollten mit Holz statt Kohle heizen, wobei bekanntlich vielmehr Feinstaub als bei Kohle in den Himmel von Ulaanbaatar geblasen worden wäre und die internationalen Geldgeber wollten aus allen Kohleprojekten aussteigen, weil die ja so unzeitgemäß sind. Nun ist aber alles anders geworden, der Staat ruft nach Kohle für seine Kraftwerke, die an den Leistungsgrenzen fahren müssen, die Leute wollen ihre Häuser im Winter schnell warm bekommen und die Chinesen ziehen alles ab, was verfügbar ist und man kann es vielerortens sehen, der Rubel rollt wieder, es wird nach Jahren der Beschränkung wieder Geld ausgegeben.

auf dem Parkplatz vor der internationalen Kohlekonferenz in UB

Die Baukräne von Ulaanbaatar

September 23rd, 2018

Wenn man die Situation in Ulaanbaatar im Sommer 2018 beschreiben will, kommt man nicht umhin über Baustellen zu berichten. Man hat wirklich den Eindruck im Monent läuft das auch sonst schon bemerkenswerte Baugeschehen aus dem Ruder. Das betrifft nicht nur den Bau neuer Stadtviertel, auch der Verkehrsbau läuft auf Hochtouren. Die Autobahn zum neuen Flughafen, immerhin über 31 Kilometer, ist so gut wie fertig,  neue Straßenknotenpunkte in mehreren Ebenen sind im Bau, genauso wie Brücken und Industriebauten. Am beeindruckendsten sind aber die Baustellen im Wohnungsbau insbesondere wenn man das Geschehen mit dem vergleicht, was man hierzulande dazu sieht um die Wohnungsnot, wie man so schön sagt, zu bekämpfen. Ich habe mich mal da an einem Septembertag auf den Weg vom Zentrum zum Zaisan gemacht und nur die Kräne fotografiert, die man da so vor die Linse bekommt. Da sind nicht die dabei, die man an den beiden neuen Stadtvierteln am alten Flughafen zu Gesicht bekommt, die sich um den Ökopark an der Fertigstellung des dortigen neuen Stadteiles beteiligen oder die zwischen Shangri La und Tuul Fluss Luxusquartiere schaffen. Insgesamt mag man den Eindruck gewinnen, dass im Moment über den Bedarf hinaus gebaut wird, aber man muss natürlich immer im Auge haben, die Stadt wächst immer noch, um mindestens 30 000 Einwohner im Jahr, grundsätzlich kommt also jedes Jahr eine neue Kleinstadt hinzu. Natürlich wird der Hinzuziehende vom Lande nicht gleich eine der Eigentumswohnungen kaufen, aber der Prozess pflanzt sich ja fort. Vermietet der Alt-UB Einwohner seine Wohnung an einen Neubürger und legt ein paar Tugrig drauf, kann er einen Kredit für eine neuere, größere oder einfach passendere Wohnung aufnehmen. Setzt sich die Entwicklung weitere zehn Jahre so fort, wird die Bevölkerungszahl bei 2 Millionen landen und es sind nicht unbedingt kleine Wohnungen, die da zur Zeit verkauft werden. Es wird also vor allem in die Höhe gebaut, urban, asiatisch und effektiv.

Ist Ulaanbaatar die Mongolei?

April 1st, 2018

Die Frage mag absurd klingen, niemand würde die Frage danach stellen, ob München Bayern ist oder Prag die Tschechei. Bei Leuten die in die Mongolei reisen scheint das anders zu sein. Redet man mit potentiellen Mongoleitouristen über die bevorstehende Reise, dann hört man den Nebensatz, Ulaanbaatar wollte man insbesondere recht schnell hinter sich lassen, weil man in die echte Mongolei will. Auch viele Reisereportagen beginnen damit, dass man jetzt raus fährt in die wirkliche Mongolei. Klar mag das daran liegen, dass der klassische Mongolei-Tourist das Traditionelle und die Natur sucht und er eine ganz persönliche Perspektive auf die Mongolei hat, aber daraus hat sich schon fast eine Gewissheit entwickelt, es gibt da Ulaanbaatar und dann kommt die richtige Mongolei. Lässt sich so eine These untermauern? Ich sage nein. Ulaanbaatar ist bei Leibe keine Retortenstadt, sie wurde zwar bis 1989 maßgeblich von sowjetischen Planern, ich sage bewusst sowjetischen, denn das Russische war in der Sowjetunion ja nur ein Teil der Einflüsse, in Ulaanbaatar waren auch Kasachen, Moldawier oder Georgier am Werken, sie wurde also sowjetisch gestaltet aber nach 1990 war das dann auch vorbei. Das was von 1990 bis heute planerisch und baulich passierte, das ist im Wesentlichen hausgemacht, es ist das Ergebnis mongolische Stadtplaner und Bauherren. Diese Gebäude hat niemand von außen den Mongolen dorthin gestellt, wie das manche Reportage vermitteln will. Der Mongole lebt sehr wohl und auch gern im 15. Stock eines Hochhauses, selbst wenn er vielleicht in einer Viehzüchter Jurte geboren wurde. Er hat aber auch gern seine Datsche, ein kleines Stück Land am Stadtrand, wo er im Sommer wohnen möchte. Das der Mongole, selbst der ländliche, trotz aller Klischees kein Problem mit Enge hat, sieht man auch auf dem Lande wenn man sich mal so ein Kreiszentrum anschaut, wo sich Jurte an Jurte reiht oder bei dem klassischen Geschiebe und Gedränge sobald sich mal mehr als einhundert Mongolen zusammenfinden. Man kann also erst mal konstatieren, zumindest ist diese Stadt das, was sich Mongolen unter einer Metropole vorstellen, natürlich immer gemessen an den Möglichkeiten.

Das war also sozusagen die Hülle, schaut man sich jetzt die Bewohner an, so muss man ganz klar sagen, das ist der gesamte Querschnitt des Landes. Die Hälfte der Landesbevölkerung, also keine Elite oder besondere Gruppe lebt hier. Von dieser Hälfte aller Mongolen wiederum ist die Hälfte gerade mal in den letzten 25 Jahren in diese Stadt gezogen, täglich kommen ganze Viehzüchterfamilien dazu. Natürlich wohnen viele davon erstmal in einer Jurte am Stadtrand, aber die cleversten unter ihnen schaffen es auch schnell in eine Stadtwohnung und zu einem urbanen Leben, in dem sie aber kaum auffallen. Nun gibt es wiederum europäische Reisende, die dann sagen, das ist ein ganz anderer Menschtyp in dieser Stadt. Auf dem Lande sind die Leute so gastfreundlich und in der Stadt doch so unfreundlich, dem würde ich aber auch entschieden wiedersprechen wollen. In der Stadt kommt der Tourist ja wohl eher mit der Verkäuferin, dem Kellner oder dem Mitarbeiter im Hotel zusammen, also professionellen Dienstleistern und dafür sind nun mal Mongolen generell nicht auf die Welt gekommen, sie machen diese Jobs, aber eben nur gerade so gut, dass es keinen Ärger gibt. Wie sieht es aber mit der Gastfreundschaft auf dem Lande aus, die existiert schon, aber sie basiert auf Traditionen und sie ist aber auch ganz einfach eine willkommene Abwechslung im Alltag der Viehzüchter.  Im Grunde genommen verhält sich der Mongole in der Stadt kaum anders als der Viehzüchter auf dem Lande nur ist der Zugang des Reisenden ein ganz anderer.

Betrachtet man die ganze Stadt-Land Diskussion mal aus der kulturellen Perspektive, wobei ich in dem Fall kulturell als künstlerisch-kulturell verstanden wissen will, dann ist Ulaanbaatar eher das Herz als der Fremdkörper. Die mongolische Volkskunst, ob es der Obertongesang, die klassischen Instrumente oder die Malerei sind, ist heute eher das Produkt einer langwierigen Ausbildung als die Weitergabe von Fertigkeiten unter den Generationen einer Jurte. Um es mal ganz klar zu sagen, man wird auf dem Lande so gut wie gar keinen wirklich guten Obertonsänger oder eine perfekte Pferdekopfgeigenspielerin finden, ich habe in all den Jahren noch nicht einmal ein solches Instrument in einer Jurte liegen sehen. In dieser Frage geht der Punkt sogar ganz eindeutig nach Ulaanbaatar, wer traditionelle Musik auf hohem Niveau erleben möchte, der muss sich einfach in Ulaanbatar umsehen.

Die Stadt hat sich auch sonst auf ihre eigene, mongolische Art entwickelt. Sie stand kaum im Interesse internationaler Firmen oder Ketten. Die beiden Burgerbrater aus Übersee, zum Beispiel, hatten die Stadt 20 Jahre lang völlig ignoriert und die Mongolen haben ihre eigene Vorstellung davon entwickelt, Khaan Buuz war eine typisch mongolische Alternative. Wenn man auch heute mehr und mehr den langweiligen weltweiten Einheitstrends die Möglichkeit gibt sich festzusetzen, so kann man selbst da noch etwas typisch mongolisches erkennen, nämlich die Tatsache, dass man die Vielfalt zulässt. Man legt sich nicht darauf fest, ob man nun eher dem europäischen, amerikanischen oder koreanischen Style folgen will. Bei den Kaffees ist man voll auf Korea eingestellt, die Kneipen wollen eher tschechisch oder deutsch daherkommen und bei den Fastfood Läden geben mittlerweile doch die Amerikaner den Ton an und alle haben eines gemeinsam, die sagen wir mal, mongolische Art des Personals, was insbesondere bei den koreanischen Kaffees dazu führt, dass man merkt, man ist garantiert nicht in Korea. Sehr schnell hat man da in UB den Spruch „Willkommen bei… und den kleinen unterwürfigen Diener weggelassen, wenn ein Mongole das schauspielert wirkt es einfach nur makaber.

Zu guter Letzt muss man sogar konstatieren, selbst das Bild vom Leben als Nomade erfüllt der Hauptstädter zutreffender als der Viehzüchter im Changai. Der ist nämlich eher ein mit seiner unmittelbaren Heimat verbundener standorttreuer Zeitgenosse, er zieht von dem Sommer- in das Winterlager, sucht im Frühjahr noch ein auf Sichtweite stehenden Standort auf und das ganze läuft dann Jahr für Jahr immer wieder so ab. Am Ende seines Lebens hat der Viehzüchter im Changai gerade mal drei oder vier wirklich unterschiedliche „Wohnungen“ gehabt und seine weitesten Wege haben ihn ins Bezirkszentrum geführt, den sehr seltenen Besuch in der Hauptstadt mal außen vorgelassen. Und der Hauptstädter, der lebt den Nomaden förmlich aus, zum Studium nach Europa, dann mal ein paar Jahre in Korea oder den USA gejobbt. Ist er wieder zurück, wird sobald es die Gelegenheit ergibt nach Peking geflogen oder am Wochenende mit dem Zelt und dem Geländewagen irgendwo draußen zum Picknick und feiern gefahren.

Um jetzt wieder zur Ausgangsfrage zurückzukommen, ist Ulaanbaatar die Mongolei? Es ist vielleicht nicht das, was der Tourist für zwei Wochen sucht, wenn er Mongolei gebucht hat, aber es ist natürlich die Mongolei. Es ist nicht nur das wirtschaftliche Herz, es sind auch nahezu alle lebenswichtigen Organe. Es ist der Kopf, von hier aus wird nahezu alles gedacht, was irgendwie für das Land wichtig ist. Selbst wenn eine kleine Brücke irgendwo 1000 Kilometer im Westen kaputt geht, wartet der Bürgermeister dort, ob jemand aus Ulaanbaatar kommt und das Ding wieder in Ordnung bringt und die Stadt ist der Garant dafür, dass überhaupt noch Leute mit ihren Jurten und ihrem Vieh in der Steppe ein Auskommen haben. Davon abgesehen, gibt es Viehzüchter die in Jurten lebend, die Steppen beweiden in Kasachstan, in Kirigisien, in China und vielen angrenzenden Bereichen, Ulaanbaatar gibt es aber wirklich nur einmal, also ja, Ulaanbaatar ist die Mongolei!